Laut der Internationalen Energieagentur steigt die Nachfrage nach Erdgas auf neue Höchststände. LNG macht die Versorgung diverser, aber nicht sicherer.
Die Internationale Energieagentur (IEA) hat ihren jährlichen Ausblick zur weltweiten Erdgasversorgung vorgelegt. So soll die Gasnachfrage in diesem Jahr voraussichtlich um mehr als 2,5 Prozent steigen, für 2025 wird ein ähnliches Wachstum erwartet, so die Organisation mit Sitz in Paris. Das Fazit des Global Gas Security Review 2024: „Die globale Gasnachfrage dürfte 2024 und 2025 neue Höchststände erreichen.“
„Das Wachstum spiegelt die allmähliche Erholung von einer globalen Energiekrise wider, die die Märkte hart getroffen hat“, sagte Keisuke Sadamori, Direktor für Energiemärkte und Sicherheit der IEA. Allerdings seien die Märkte nach wie vor verunsichert. Sie reagierten sensibel auf unerwartete Veränderungen sowohl auf der Angebots- wie auf der Nachfrageseite.
Im Zuge der Gaskrise habe die Bedeutung von verflüssigtem Erdgas (LNG) zugenommen, allerdings sei auch dieser Stoff und dessen Transport nicht frei von Komplikationen. Logistische Engpässe, insbesondere im Panamakanal und im Roten Meer, beeinträchtigen weiterhin die Schifffahrt. Zwar hätte dies noch keine spürbare Einschränkung der LNG-Versorgung zur Folge gehabt, „sie unterstreichen jedoch die potenziellen Schwachstellen des LNG-Handels in einem zunehmend vernetzten globalen Gasmarkt“, so die IEA.
LNG-Versorgung wächst moderat
Das Wachstum der weltweiten LNG-Versorgung blieb in den ersten neun Monaten dieses Jahres moderat und stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2 Prozent oder 7 Milliarden Kubikmeter an. Dies liege deutlich unter der durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 8 Prozent zwischen 2016 und 2020. Projektverzögerungen sowie Probleme bei der Erdgasförderung bei einigen LNG-Poduzenten wie Angola, Ägypten oder Trinidad und Tobago hätten das Wachstum der LNG-Produktion gedrosselt.
Das Wachstum der LNG-Versorgung dürfte sich allerdings 2025 auf knapp 6 Prozent beschleunigen. Die Inbetriebnahmen des LNG-Exportterminals Plaquemines in den USA und des LNG-Terminals Tortue vor der Küste Westafrikas im 4. Quartal 2024 dürften das Angebot verbessern. Das russische Projekt Arctic LNG 2 wird in der aktuellen Prognose angesichts des breiteren Sanktionsumfelds hingegen „nicht als Quelle einer sicheren LNG-Versorgung angesehen“.
Trend zu langfristigen Verträgen
Beim Blick auf die Lieferverträge mit LNG zeigt sich ein Trend zu langfristigen Verträgen mit festem Bestimmungsort. „Verträge mit einer Laufzeit von mindestens zehn Jahren machen aktuell 85 Prozent der vertraglich vereinbarten Mengen aus. Verträge mit festem Bestimmungsort nehmen zu und machten mehr als 70 Prozent der vertraglich vereinbarten Mengen aus.“ Der Gasschock der vergangenen Jahre hätte Käufer wie auch Verkäufer wieder zum Abschluss von eher langfristigen Verträgen bewegt.
Für die bevorstehenden Wintermonate sei die größte Gefahr der Transit russischen Erdgases durch die Ukraine, da bestehende Verträge Ende 2024 auslaufen. „Dies könnte das Ende aller Gaslieferungen von Russland über die Ukraine nach Europa bedeuten.“ In einem solchen Szenario wären 2025 höhere LNG-Importe nach Europa erforderlich, was zu einer insgesamt angespannten globalen Gasbilanz führen würde, im Vergleich zu einem fortgesetzten Transit über die Ukraine.
Zur Bewältigung dieser Herausforderungen empfiehlt die IEA unter anderem die Stärkung der Flexibilitätsmechanismen entlang der Gas- und LNG-Wertschöpfungsketten, die Erhöhung der Liquidität auf dem globalen LNG-Markt, die Integration des ukrainischen Gasspeichersystems in den globalen Gasmarkt sowie die Prüfung potenzieller Rahmenbedingungen für freiwillige Gasreservemechanismen.
Die IEA geht auch davon aus, dass Erdgas auch im Verkehrssektor an Bedeutung gewinnt. Emissionsarme Gase könnten eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung des Schwerlasttransports über lange Strecken spielen, „da die Elektrifizierung hier im Vergleich zu leichten Nutzfahrzeugen bisher langsamer vorangekommen ist.“ Der Transportsektor dürfte mittelfristig ein wichtiger Treiber für die steigende Nachfrage sein. Der Bericht legt daher einen besonderen Schwerpunkt auf die Verwendung emissionsarmer Gase im Transportsektor.