Die derzeitigen Gas-Sparmaßnahmen sollten fortgeführt und möglichst ausgeweitet werden, um die Versorgungssicherheit auch im Falle eines kalten Winters zu gewährleisten. Zu diesem Schluss kommt eine „Bilanzierung des europäischen Gasaufkommens und -bedarfs“ durch das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI).
Die Anstrengungen der vergangenen Monate, Gas zu sparen, Flüssiggas auf dem Weltmarkt zu beschaffen und die europäischen Speicher zu befüllen, haben nach EWI-Feststellungen bereits zu einer Verbesserung der Versorgungssituation in Europa geführt. Dennoch sind nach Ansicht des Instituts weitere Anstrengungen auf der Nachfrageseite notwendig, um sowohl im kommenden Winter — im Falle unterdurchschnittlicher Temperaturen — als auch im darauffolgenden Winter 2023/2024 die Gasversorgung zu gewährleisten, sofern es keine Gaslieferungen aus Russland gibt.
In der Analyse wird ein Szenario untersucht, in dem seit dem 1. September 2022 keine Gaslieferungen mehr aus Russland kommen und die angekündigten schwimmenden Flüssiggasterminals in Deutschland, den Niederlanden und Italien pünktlich in Betrieb genommen werden. Die Bilanzierung von Gasangebot und -nachfrage zeige, dass dann im Falle eines durchschnittlich kalten Winters bei Fortführung der aktuellen Einsparungen ausreichend Gas innerhalb Europas zur Verfügung stünde. Die Gasspeicher müssten dafür allerdings auf ein historisches Minimum von 13 Prozent entleert werden, heißt es in der EWI-Mitteilung.
„Lokal könnte es dennoch zu Engpässen in der Versorgung kommen, da das europäische Gasverbundnetz dann möglicherweise nicht in der Lage wäre, die Gasmengen gleichmäßig über alle Länder zu verteilen“, sagt Eren Çam, Manager am EWI. „Zudem sind zusätzliche Einsparmaßnahmen ratsam, um auch im Falle eines kälteren Winters die Versorgung der Gaskunden aufrechtzuerhalten.“
Die Bilanzierung fokussiert sich auf den Zeitraum bis zum Ende des Winters 2022/2023, gibt jedoch auch einen Ausblick auf das Jahr 2023. Sollten die EU dauerhaft keine russischen Lieferungen erreichen, bringe auch der Zubau der geplanten Flüssiggas-Importterminals im kommenden Jahr noch keine Entspannung. „Die niedrigen Füllstände der Gasspeicher am Ende des kommenden Winters würden eine Wiederbefüllung bis zum Beginn des Winters 2023/2024 vor große Herausforderungen stellen“, sagt David Schlund, Senior Research Associate am EWI.