Das Weiße Haus entsandte Mitte Februar zwei Mitarbeiter nach Saudi-Arabien, um das Königreich zu drängen, mehr Öl zu fördern. Hintergrund sind Befürchtungen, die Energiepreise könnten im Falle einer russischen Invasion in der Ukraine weiter steigen...
Das Weiße Haus entsandte Mitte Februar zwei Mitarbeiter nach Saudi-Arabien, um das Königreich zu drängen, mehr Öl zu fördern. Hintergrund sind Befürchtungen, die Energiepreise könnten im Falle einer russischen Invasion in der Ukraine weiter steigen. Vor einem derartigen Preisanstiegs-Szenario hatte Präsident Joe Biden in einer Rede am 15. Februar gewarnt.
Der Nahost-Koordinator des Nationalen Sicherheitsrates, Brett McGurk, und der Energiebeauftragte des Außenministeriums, Amos Hochstein, waren am 16. Februar in Riad, wie ein hochrangiger US-Beamter gegenüber CNN bestätigte, um die Beziehungen zwischen beiden Staaten auf eine breitere Basis zu stützen, aber auch, um mit den saudischen Vertretern zu diskutieren, wie die Märkte angesichts steigender Energiepreise und der Angst vor einer russischen Invasion stabilisiert werden können. Die Saudis haben sich aufgrund ihrer Verpflichtungen gegenüber der OPEC+, einem Konsortium ölproduzierender Länder, zu dem auch Russland gehört, gegen jegliche einseitigen Änderungen ihrer Ölproduktion gewehrt, wie von US-Seite eingeräumt wurde.
Die Reise der US-Delegation nach Saudi-Arabien folgte auf ein Telefongespräch zwischen Präsident Biden und dem saudischen König Salman bin Abdulaziz Al-Saud vom 9. Februar, in dem laut einer Mitteilung aus dem Weißen Haus über die „Gewährleistung der Stabilität der globalen Energieversorgung“ gesprochen wurde. Hierbei verwies der König auf eine historische Vereinbarung der OPEC+ von April 2020 über Förderkürzungen zur Stabilisierung des Preisniveaus nach den pandemie-bedingten Nachfrage-Einbußen und betonte die Wichtigkeit von deren Einhaltung. Den Willen Saudi-Arabiens, in enger Abstimmung mit den Partnern der OPEC+ die Stabilität des Energiemarktes sicherzustellen, unterstrich auch dessen Außenminister bei der Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Wochenende.
Allerdings hatte die von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) im Frühjahr 2021 geforderte Korrektur zu einer Modifikation der Vereinbarung von April 2020 geführt, wonach OPEC+ jeden Monat ab August 2021 die Öl-Fördermenge um 400.000 Barrel per day (b/d) erhöht. Da das Kartell diese neuen Förderziele jedoch mehrfach nicht einhalten konnte, drängte Fatih Birol, Executive Director der Internationalen Energie-Agentur, bei einer kürzlich veranstalteten Konferenz in Riad auf Schließung der nunmehr auf 900.000 b/d aufgelaufenen Förderlücke. Der Energieminister der VAE, Suhail al-Mazrouei, hatte am 14. Februar darauf verwiesen, dass die Spannungen zwischen Russland und dem Westen eher Treiber der Ölpreise seien als eine grundlegende Knappheit, die beschleunigte Produktionssteigerungen rechtfertigten.
Präsident Biden sagte in einer Rede am 15. Februar, dass eine russische Invasion in der Ukraine für die Amerikaner wahrscheinlich nicht „schmerzlos“ verlaufen werde. „Es könnte Auswirkungen auf unsere Energiepreise geben“, sagte er. Von CNN wird er mit den Worten zitiert, dass die USA aktive Schritte unternähmen, um den Druck auf die eigenen Energiemärkte zu mindern und steigende Preise auszugleichen. In Abstimmung mit großen Energieverbrauchern und -produzenten sei man vorbereitet, alle verfügbaren Instrumente und Befugnisse einzusetzen, um an der Zapfsäule Abhilfe zu schaffen. In Zusammenarbeit mit dem Kongress werde an zusätzlichen Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher und zur Bewältigung der Auswirkungen auf die Preise an der Zapfsäule gearbeitet.
Eine Invasion Russlands in die Ukraine könnte die globalen Energiemärkte erheblich beeinträchtigen. Russland ist nach den USA der zweitgrößte Gasproduzent und gehört – hinter den USA – gemeinsam mit Saudi-Arabien zu den drei größten Ölförderstaaten der Welt. Für die EU ist Russland der mit Abstand wichtigste Lieferant von Erdgas und Rohöl. Ein großer Teil der Erdgasversorgung fließt durch die Ukraine, und diese Exporte würden wahrscheinlich durch einen Krieg und Schäden an der kritischen Energieinfrastruktur ernsthaft gestört.
US-Beamte haben daher regelmäßig mit einer Reihe von Ländern und Unternehmen in Europa, dem Nahen Osten, Nordafrika und Asien darüber gesprochen, die Produktion von verflüssigtem Erdgas nach Europa zu steigern, falls ein Krieg ausbräche und dies die Energieversorgung des Kontinents gefährdete, erklärten hochrangige Regierungsvertreter der USA. Die Diskussionen zielten darauf ab, den Partnern in Europa darzulegen, dass massive Sanktionen gegen Russland nicht zu übergroßen Beeinträchtigungen für die europäische Wirtschaft führten. Dahinter steht die Sorge, dass Russlands in Erwiderung westlicher Sanktionen mit Vergeltungsmaßnahmen bei den Gasexporten reagieren könnte.