Der als Finanzinvestor bei der Pipeline Nord Stream 2 engagierte deutsche Energiekonzern Uniper ist über die aktuelle politische Lage an der russisch-ukrainischen Grenze „zutiefst verunsichert“. Das stellte Konzernchef Klaus-Dieter ...
Der als Finanzinvestor bei der Pipeline Nord Stream 2 engagierte deutsche Energiekonzern Uniper ist über die aktuelle politische Lage an der russisch-ukrainischen Grenze „zutiefst verunsichert“. Das stellte Konzernchef Klaus-Dieter Maubach auf einer Videokonferenz zur Vorlage der Bilanz 2021 vor Journalisten fest. Er sage dies als Vorstandvorsitzender eines Unternehmens, „in dem Tausende von Kollegen jeden Tag hart für den Konzern arbeiteten, entweder in Russland selbst oder in langjährigen Beziehungen zu russischen Partnern“. Maubach hofft indessen, dass die Pipeline am Ende doch noch starten kann: „Wir setzen darauf, dass es zu einer diplomatischen Lösung kommt, der Zertifizierungsprozess wieder aufgenommen wird und Nord Stream 2 in Betrieb geht“, sagte er. Nachdem die Bundesregierung, die Pipeline vorerst auf Eis zu gelegt habe, prüfe Uniper die Auswirkungen einschließlich möglicher Wertminderungen. Es sei aber nicht Sache der Finanzinvestoren mögliche Rechtsmittel gegen den Stopp einzulegen. Das müsse dann schon Nord Stream 2 selbst tun.
Mögliche Unterbrechungen der russischen Gaslieferungen wollte Maubach nicht ausschließen. Je nach Situation könnte Uniper jedenfalls gezwungen sein, Gas zu höheren Marktpreisen zu beschaffen, um die Versorgungssicherheit für die Kunden zu gewährleisten. Für eine mögliche Wiederholung der extremen Preisentwicklungen bei Strom und Gas habe sich das Unternehmen die notwendige finanzielle Flexibilität verschafft, um Lieferungen absichern zu können. Ende des vergangenen Jahres sei der Liquiditätsrahmen auf 12 Milliarden Euro erweitert worden. Insgesamt zeigte Maubach sich mit Blick auf mögliche Lieferunterbrechungen aber zuversichtlich. Da machten die jüngsten öffentlichen Äußerungen „einen gewissen Mut“. Man habe offenbar verstanden, dass die Aufrechterhaltung der Versorgung Europas im Interesse aller Seiten liegt.
In dieser Gemengelage kommt Uniper nach Einschätzung von Maubach als einem der größten Gashändler und Gasspeicherbetreiber Europas eine Schlüsselrolle zu. Diese Rolle habe man gut ausgefüllt. So seien im vergangenen Jahr 356 Cargos LNG-Tankerladungen gehandelt worden und damit 330 Terawattstunden bewegt, ein Drittel des deutschen Gasverbrauchs. Maubach bezeichnete es als seinen persönlichen Standpunkt, dass Deutschland „eine sichere Gasversorgung mit marktwirtschaftlichen Instrumenten sicherstellen könne. Und diese Instrumente gebe es schon, sie müssten aber genutzt werden.
Als erfolgreich sieht Maubach die Geschäftsentwicklung des vergangenen Jahres an. Es seien wichtige Schritte zur Umsetzung der Strategie gemacht worden. „Alle Geschäftsbereiche arbeiten konsequent an unserer Dekarbonisierung“, sagte der Konzernchef. Der beschleunigte Ausstieg aus der Kohleverstromung und das Wasserstoffprojekt Green Wilhelmshaven seien Beispiele dafür, „wie wir unser Unternehmen für die Zukunft umgestalten“. Finanzvorständin Tiina Tuomela ergänzte, Uniper stehe operativ und finanziell auf festen Füßen und schwärmte von einem „tollen Ergebnis.“
Nach rückläufigem Ergebnis im ersten Halbjahr 2021 hatte Uniper in der zweiten Hälfte kräftig zugelegt und im gesamten Geschäftsjahr das Vorjahr deutlich übertroffen. Ausgewiesen wird ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) in Höhe von 1,187 Milliarden Euro gegenüber 998 Millionen Euro im Jahr zuvor. Der Anstieg von knapp 19 Prozent ist im Wesentlichen auf das starke Resultat im Segment Globaler Handel zurückzuführen.
Der bereinigte Konzernüberschuss folgte im Wesentlichen dem bereinigten EBIT und lag mit 906 Millionen Euro deutlich über dem Ergebnis des Vorjahres von 774 Millionen Euro. Gleichwohl weist Uniper einen Konzernfehlbetrag von 4,106 Milliarden Euro aus. Als wesentliche Ursache hierfür nennt der Konzern die Marktbewertung von Sicherungsgeschäften und gesicherten Positionen. Während die Derivate einer Bilanzierung zu Marktwerten unterliegen, sind die Wertzuwächse der der Sicherung zugrunde liegenden Vermögenswerte zunächst auf deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten beschränkt. Darüber hinaus gehende Wertzuwächse dürfen erst zum Zeitpunkt der Realisierung erfasst werden.
Als Dividende schlagen Vorstand und Aufsichtsrat der Hauptversammlung am 18. Mai 2022 eine Ausschüttung in Höhe von 26 Millionen Euro also 7 Cent pro Aktie vor gegenüber noch 1,37 Euro im Vorjahr. Dabei spiegelt sich nach den Angaben wider, dass Uniper angesichts der hohen Volatilität an den Energiemärkten, der geopolitischen Lage und der zunehmenden Dynamik der europäischen Energiewende einen stärkeren Fokus auf Liquidität und Investitionsfähigkeit legt. Diese Einstellung werde vom Mehrheitsaktionär, der finnischen Fortum Oyj unterstützt, hieß es.
Im besonders erfolgreichen Segment Globaler Handel profitierte Uniper von ungewöhnlichen Wetterbedingungen in Nordamerika und dem Asiengeschäft. Wie schon 2020 wirkte sich auch das gute Gasgeschäft dank der ungewöhnlich volatilen und stark steigende Preisen wieder positiv aus. Demgegenüber blieb die Sparte Europäische Erzeugung leicht hinter dem Vorjahresergebnis zurück. Belastet wurde das Ergebnis durch höhere Rückstellungen für Entsorgungs- und Rückbauverpflichtungen bei der Kernenergie in Schweden und dadurch, dass das niederländische Steinkohlekraftwerks Maasvlakte 3 zeitweise nicht produzierte.
In der Stromerzeugung in Russland profitierte Uniper davon, dass der Kraftwerksblock Berjosowskaja 3 im Mai 2021 wieder in Betrieb genommen werden konnte. Höhere Preise und Volumina auf dem Strommarkt wurden indessen annähernd kompensiert durch das Auslaufen der langfristigen Kapazitätszahlungen für insgesamt vier Kraftwerksblöcke und negative Fremdwährungseffekte. Maubach sprach aktuell von business as usual. Zum heutigen Zeitpunkt halte er es für unwahrscheinlich, dass das Geschäft von Uniper oder der russischen Tochter Unipro durch Sanktionen wesentlich beeinträchtigt werden könnte. Es sei aber „unmöglich zu prognostizieren“, welche Auswirkungen die aktuelle Lage auf das Russland-Geschäft habe.